von Dr. Stefan K. Hetz, Berlin (veröffentlicht in der DATZ 2005)
Die weichen, teilweise extrem mineralarmen, durch Huminstoffe dunkelbraun gefärbten Gewässer aus Südamerika, Zentralafrika oder Asien kennt wohl jeder, der schon länger die Aquaristik etwas intensiver betreibt. Gerade im Zusammenhang mit Amazonien ist die Unterteilung der drei häufigsten Gewässertypen Weißwasser, Klarwasser und Schwarzwasser schon seit längerem bekannt und auch in der Aquaristik gut eingeführt (Born 1956, Geisler 1964). Fische aus dem letzteren dieser Gewässertypen, dem Schwarzwasser, erweisen sich, zumindest bei der Eingewöhnung, oft als etwas empfindlicher als andere Fische. Eine Erklärung dafür wurde immer damit begründet, dass sich die Fische im Laufe der Evolution an die Wasserwerte angepasst hätten.
Schwarzwasser zeichnet sich hauptsächlich durch die folgenden Besonderheiten aus: Es ist aufgrund seiner geologischen Herkunft extrem arm an Ionen wie Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium, Chlorid und Hydrogencarbonat und damit natürlich auch sehr weich (Kuchler et al. 2000). Durch das Fehlen von anorganischen Puffersubstanzen und durch seinen hohen Anteil an komplexen organischen Säuren wie Huminstoffen (Geisler 1953, Geisler 1955, Geisler 1972) reagiert es sehr bis – im aquaristischen Sinn – extrem sauer. Diese Huminstoffe absorbieren das Licht vor allem im blauen und ultravioletten Bereich des Lichtspektrums, weshalb dieses Wasser auch braun erscheint und Wachstum höherer Pflanzen teilweise gehemmt wird. Als Folge des hohen Gehalts an Huminstoffen und Gerbsäuren wird auch die immer wieder die extreme Keimarmut des Schwarzwassers hervorgehoben (Geisler 1955, Geisler 1954).
Diese vier wesentlichen Faktoren Ionenarmut, niedriger pH, Huminstoffe und Keimarmut scheinen also ein Schlüssel zu den Problemen bei der Eingewöhnung und erfolgreichen Haltung von Fischen aus dem Schwarzwasser zu sein. Umso mehr verwundert es, dass diese Parameter aus fischphysiologischer Sicht noch nie in der aquaristischen Literatur diskutiert wurden, obwohl relativ viele Arbeiten zu diesem Thema in der wissenschaftlichen Literatur existieren (siehe Literaturverzeichnis). Im folgenden Artikel werden diese Parameter deshalb aus der Sicht der Fische betrachtet.
Wenn wir uns mit dem Problem der obigen vier Faktoren für die Fische beschäftigen wollen, müssen wir etwas weiter ausholen: Ein zentrales Organsystem für den Austausch des Fisches mit seiner Umgebung sind die Kiemen. Sie dienen nicht nur der Atmung, indem sie sehr effizient Sauerstoff aus dem Umgebungswasser aufnehmen können, sondern sind auch zusätzlich Organe der Ionenregulation, Exkretion und Osmoregulation (Evans et al. 2005). Die Niere spielt bei Knochenfischen im Süßwasser, anders als etwa bei landlebenden Wirbeltieren, eine eher untergeordnete Rolle (Evans 1981, Kirschner 1981, Willmer et al. 2005, Withers 1992).
Es wurde mehrfach auch in der aquaristischen Literatur auf das Problem der Osmoregulation bei Fischen in Süßwasser hingewiesen. Fische nehmen über die Kiemen und teilweise über die Körperoberfläche Wasser auf und müssen dieses reichlich (zwischen 30 und 70% des Körpergewichts täglich!) in Form von zum Blutplasma, der wichtigsten extrazellulären Flüssigkeit, hypoosmotischen (also verdünnten) Harn abgeben (Wilkie 2002). Mit dieser Harnabgabe kommt es aber zu einem Verlust von Ionen, der für den Fisch ganz erheblich sein kann. Für eine optimale Aufnahme des Sauerstoffs müssen ja die Kiemenepithelien sehr dünn sein und die Fische müssen, um an den Sauerstoff im Wasser zu gelangen (die Löslichkeit von Sauerstoff ist ca. um den Faktor 25 geringer als in Luft) (Dejours 1975) recht große Wassermengen durch die Kiemen bewegen, die darum zu einer hohen Wasseraufnahme und zu einem deutlichen Ionenverlust führen. Die wichtigsten Ionen im Blutplasma sind bei Fischen wie bei uns Menschen auch Natrium und Chlorid (Abbildung 4), deren Konzentration im Plasma bei Na+ bei jeweils ungefähr 150 mmol l-1 und für Cl– bei ca. 110 mmol l-1 (Millimol pro Liter, ein in der Wissenschaft verwendeter Begriff für Konzentrationsangaben der die Teilchenzahl berücksichtigt) betragen (Willmer et al. 2005), wogegen diese Ionen im Schwarzwasser selbst um ca. einen Faktor von über 5000 geringer konzentriert vorliegen können, z.B. 19 bzw. 21 µmol l-1 im Leitungswasser des INPA in Manaus (Wood et al. 2003).
Die Ionenverluste der Fische können natürlich über die Aufnahme der Nahrung und deren anschließende Resorption über den Darm teilweise wieder kompensiert werden. Leider gelingt bei kleinen Tieren, die ein sehr ungünstiges (also großes) Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpervolumen aufweisen, die ausschließliche Kompensation über die Nahrung nicht immer, weshalb sich bei verschiedenen wasserlebenden Tieren diverse Transportsysteme in den Zellen herausgebildet haben, die es teilweise erlauben, selbst noch aus extrem stark verdünnten Lösungen (wie z.B. Schwarzwasser) Ionen aktiv unter Energieverbrauch aufzunehmen, so dass die Ionenaufnahme den Ionenverlust übersteigt.
Diese ionenregulatorischen Prozesse finden in den sogenannten „Chloridzellen“ direkt im Kiemenepithel statt (Laurent und Dunel 1980, Perry 1997). In diesen spezialisierten Zellen, die zwischen 10 und 20% der Kiemenepithelzellen ausmachen können, transportieren die Ionenpumpen unter erheblichem Energieaufwand bestimmte Ionen (Na+, Ca++, Cl–) gegen einen starken Konzentrationsgradienten in das Kiemenepithel hinein während sie an anderen Stellen der Kiemen aber auch Ionen verlieren können. Der Anteil von Chloridzellen und damit die Fähigkeit zur Ionenregulation kann recht schnell deutlich ansteigen, wenn Fische in destilliertes Wasser verbracht werden (Fernandes und Perna-Martins 2002, Moron et al. 2003). Neuere Untersuchungen weisen allerdings auch auf die Beteiligung anderer Zelltypen im Kiemenepithel beim Ionenaustausch hin (Perry et al. 2003). Die Möglichkeit und die Regulation der aktiven Aufnahme von Ionen gegen einen extrem großen Gradienten scheint also Schwarzwasserbewohner auszuzeichnen. Wir müssen dabei aber bedenken, dass diese bessere Regulationsfähigkeit von Schwarzwasserbewohnern aus physiologischer Sicht einen deutlichen Vorteil (keinen Nachteil!) in ionenarmen Gewässertypen darstellt, der hingegen in ionenreicheren Gewässern auf keinen Fall ein Nachteil sein sollte!
Ein weiterer Faktor, der Schwarzwässer auszeichnet, ist der teilweise extrem geringe pH. Die Konzentrationsunterschiede von H+-Ionen im Schwarzwasser (pH 4 oder noch darunter) und dem Fischblut (pH 7.8 – 8.1) sind sehr hoch, machen also in den Konzentrationsunterschieden schlimmstenfalls einen Faktor von 10000:1 oder noch höher aus vor allem dann, wenn die Fische in extrem sauren Habitaten leben (Hirata et al. 2003), der pH- Unterschied zwischen Plasma und Umgebung also 4 oder sogar noch mehr Einheiten entspricht (Hirata, 2003). Nachdem Lösungen von Ionen versuchen ihre Konzentrationen passiv durch Diffusion auszugleichen, dachte man bisher, das Problem sei, dass aus den Fischen die Na+-Ionen ausströmen und möglicherweise im Gegenzug H+-Ionen vom Wasser in die Fische einströmen. Ca2+-Ionen, die im Schwarzwasser ebenfalls in nur extrem geringen Konzentrationen vorkommen, besitzen einen regulatorischen Einfluss auf den Ionenverlust über die Kiemen. Extrem geringe Calciumkonzentrationen wie im Schwarzwasser führten im Versuch zu einem Anstieg des Ionenverlustes über die Kiemen. Ich hatte über diese Vorgänge schon an anderer Stelle berichtet (Hetz 2003).
Versuche zeigten zunächst, dass die untersuchten Fische bis zu einem gewissen pH-Bereich in der Lage sind, netto mehr Na+ aufzunehmen als sie verlieren (Gonzalez et al. 2002). Diese Fähigkeit ist besonders bei sauren pH-Werten ausgeprägt und wird auch durch niedrige pH-Werte stimuliert. So kann z.B. der Trauermantelsalmler Gymnocorymbus ternetzi bei pH 5 seine Natriumaufnahme auf das vierfache im Vergleich zu pH 6.5 steigern (Gonzalez, 1997). Diese Fähigkeit ist wichtig, da der Verlust an Natriumionen mit sinkendem pH stark ansteigt. Allerdings können Trauermantelsalmler den Ionenverlust bei pH 4 nicht mehr ausgleichen und sterben nach relativ kurzer Zeit. Wildfänge von Neonsalmlern hingegen überstehen sogar mittelfristig (einige Tage) pH-Werte von 3.5 oder 3.0 im Experiment. Bei Neonsalmlern konnte selbst bei pH 4.0 oder 3.5 kein Nettoverlust an Natriumionen festgestellt werden (Gonzalez und Preest 1999). Schwarzwasserfische scheinen also noch deutlich besser an niedrigere pH-Werte angepasst zu sein als „normale“ Weichwasserfische. Bei Neonsalmlern schien das Calcium keine große Rolle bei der Regulation des Natriumverlustes zu spielen, wogegen es bei Skalaren (Pterophyllum scalare) einen großen Effekt zeigt (Gonzalez und Wilson 2001). Es lässt sich also keine allgemeine Aussage treffen. Halten wir also fest, dass der niedrige pH von Schwarzwasserfischen besser toleriert wird als von anderen Fischen, also auch diese Fähigkeit einen deutlichen Vorteil von Schwarzwasserfischen darstellt. Es ist aus physiologischer Sicht also keinesfalls so, das Schwarzwasserfische einem niedrigen pH „brauchen“. Nur am Rande bemerkt: Der pH spielt auch bei der Sauerstoffaufnahme und dem Sauerstofftransport des Hämoglobins in den roten Blutkörperchen eine wichtige Rolle. Bei niedrigem Plasma- pH sinkt die Affinität des Hämoglobins zum Sauerstoff (Nikinmaa 2001, Pelster und Decker 2004).
Spielen also Huminstoffe als dritte wesentliche Eigenschaft des Schwarzwassers eine größere Rolle als bisher vermutet? Zufällig machten kanadische Wissenschaftler bei Versuchen zur Ionenregulation von Fischen direkt auf dem Rio Negro die Erfahrung, dass sich die Ergebnisse ganz anderes verhalten können, wenn „natürliches“ Schwarzwasser aus dem Rio Negro statt definiertem Weichwasser aus dem Labor verwendet wird (Gonzalez et al. 2002). Deutlich abgeschwächte Ionenverluste in natürlichem Rio Negro- Wasser bei Corydoras, Pimelodus, Hemigrammus, Carnegiella, Geophagus und Apistogramma wiesen auf Schutzwirkungen der chemisch sehr schwer definierbaren Huminsäuren hin. Alle Huminstoffe und andere Kohlenstoffverbindungen werden deshalb unter dem Sammelbegriff „dissolved organic carbon“, kurz: DOC zusammengefasst. Ob sich Huminstoffe direkt auf den Ionenverlust auswirken oder einen mittelbaren Effekt über die Komplexierung des Calciums ausüben, ist nicht bekannt. Halten wir also fest, dass Huminstoffe zwar einen positiven Effekt, auf Ionen- und pH-Regulation ausüben können was wiederum ein Vorteil ist, dieser positive Effekt in normalem Leitungswasser mit moderaten Wasserwerten auf Grund der geringeren Konzentrationsunterschiede zwischen Blutplasma und Wasser aber nicht gebraucht wird.
Ist also der letzte wichtige Parameter, die Keimarmut, der Schlüssel zu den Problemen bei der Eingewöhnung von ausgesprochenen Weichwasserfischen? Die Konzentration oder Dichte an potenziell schädlichen Keimen, in der aquaristischen Literatur auch immer wieder als „Keimzahl“ bezeichnet, wurde in den letzten Jahren wiederholt diskutiert. Wer sich einen Überblick über die Bedeutung dieser Größen für die Aquaristik machen möchte, dem sei die Literatur von einigen Büchern zum Thema Fischkrankheiten (Reichenbach-Klinke 1980, TerHöfte und Arend 1997, Untergasser 1989) und das sehr empfehlenswerte Buch von Bremer über Fischernährung (Bremer 1997) empfohlen. Die relativ hohe Keimbelastung von Aquarienwasser kann dazu führen, dass sich an den Kiemen vieler Fische, dem Ort des Gasaustausches und der Ionenregulation, eine starke Schleimschicht bildet, welche die Funktion der Kiemen stark beeinträchtigen kann. Inwiefern und in welchen Größenordnungen diese Schleimschicht die Prozesse Gasaustausch, pH- und Ionenregulation beeinflusst ist jedoch wissenschaftlich noch nicht vollständig untersucht und schon gar nicht verstanden.
Wieso ist aber das Schwarzwasser besonders bakterienarm? Auf Grund ihrer Physiologie sind viele Bakterien nur dann in der Lage optimal zu wachsen, wenn der pH im Umgebungsmedium innerhalb gewisser Grenzen optimal eingestellt ist. Der optimale pH für viele Bakterien befindet sich in leicht alkalischen Bereich von pH 7.2 bis 7.8 (Schlegel 1992). Bakterien wachsen auch dann besonders gut, wenn im umgebenden Milieu genügend Ionen und organische Stoffe für den Aufbau von Körpersubstanz vorliegen. Kurzum, ein organisch verschmutztes, leicht alkalisches mittelhartes Leitungswasser mit dauernd zugeführten organischen Nährstoffen und Ionen (aus dem Fischfutter und der Mineralisation von Abfallstoffen), stellt ein optimales Siedlungssubstrat für viele Bakterien dar. Viele Huminsäuren besitzen hingegen für Bakterien wachstumshemmende Eigenschaften. Bakterien wachsen also besonders schlecht in stark mit Huminsäuren angereicherten sehr weichen und sauren Gewässern. Es liegen also im Schwarzwasser gerade die umgekehrten Verhältnisse zum „normalen“ Aquarienwasser vor. Nitrat findet sich z.B. im Schwarzwasser Amazoniens nur in Konzentrationen von ca.35 µg l-1, Phosphat im Bereich von ca. 6 µg l-1, also bis zum Faktor 1000 weniger als in Aquarien (Willmer et al. 2005). Schwarzwasser besitzt demnach alle Voraussetzungen dafür, darin siedelnden Bakterien ein extrem ungünstiges Milieu zur Verfügung zu stellen. Für Bakterien stellt die Zusammensetzung des Schwarzwassers also einen deutlichen Nachteil dar. Diese Erkenntnis ist aber nicht neu, sondern wurde schon von Geisler vor über 50 Jahren, damals leider ohne Angabe von Zitaten, zur Diskussion gestellt (Geisler 1954).
Es stellt sich jetzt natürlich die Frage, wieso dann in der Natur einige Fischarten ausgerechnet mit dem Schwarzwasser einen aus der Sicht der Fische recht lebensfeindlichen Biotop besiedelt haben. Mit den Wasserwerten, wie sie für uns einfach zu bestimmen sind, besitzen wir zwar einige Messgrößen, ob wir aber damit in jedem Fall alle Parameter messen können, die einen Biotop charakterisieren, wage ich aber zu bezweifeln. Diese Frage kann hier natürlich nicht abschließend geklärt werden, darüber sollten Ökologen, Populationsbiologen und Physiologen sich gemeinsam Gedanken machen. Einige Ansätze oder Anhaltspunkte zum Nachdenken sind sicher die beschränkte Anzahl an ökologischen Nischen und Mikrohabitaten sowie Verdrängungsmechanismen, welche die Tiere zum Besiedeln von extremen Lebensräumen geradezu nötigen.
Ein kleiner Hinweis noch zum Thema Anpassung: Immer wieder wird behauptet, Schwarzwasserfische hätten sich im Laufe der Evolution an ihre Biotope angepasst und „bräuchten“ deshalb genau dieses Wasser. Andererseits hört man gerade aus aquaristischen Kreisen auch immer, Nachzuchten (F1, F2 oder erst F1000?) wären deutlich toleranter gegenüber den Wasserwerten als Wildfänge: ein extremer Widerspruch? Die gleiche Frage stellt sich, warum „eingewöhnte“ Wildfänge vom Großhändler „stabiler stehen“ als frisch importierte Tiere. Haben die sich dann innerhalb von zwei Wochen schon an die dort herrschenden Wasserwerte angepasst?
Wissenschaftliche Untersuchungen der Regulationsfähigkeit von Fischen beim Umsetzen in extreme Gewässer zeigten in der Tat, dass solche Anpassungsleistungen beim Umsetzen von weichem in hartes Wasser (korrekt: ionenarmem in ionenreicheres Wasser) und umgekehrt sehr schnell, oft innerhalb von Stunden vonstatten gehen und meist nach drei bis vier Tagen abgeschlossen sind (Wood et al. 2002, Wang et al. 2003, Gonzalez und Wilson 2001). Von einer evolutiven Anpassung im Zeitraum von mehreren Generationen kann deshalb also im Zusammenhang mit Ionen- und pH-Regulation keine Rede sein. Von vielen Aquarianern hatte ich auch die praktischen Beobachtungen zugetragen bekommen, dass ein Umgewöhnen von Fischen aus weichem in hartes Wasser sehr viel einfacher sei als umgekehrt. Eine Beobachtung, die physiologisch relativ einfach zu erklären ist. Funktioniert die Ionenregulation sehr gut in weichem ionenarmen Wasser, so funktioniert sie auch in hartem ionenreichem Wasser. Werden aber Fische, die lange Zeit in ionenreichem Wasser gehalten wurden, schnell in weiches Wasser umgesetzt, so müssen sich die Ionenregulationsprozesse erst auf den neuen Gewässertyp umstellen, was einige Zeit braucht.
Korrelation und Kausalität
Es sollte nach den obigen Ausführungen klar sein, dass die extreme Ionenarmut und der sehr niedrige pH Faktoren des Schwarzwassers sind, die für die Ionen- und pH-Regulation der Fische nicht positiv zu bewerten sind. Besonders kleine Schwarzwasserfische „brauchen“ also primär nicht unbedingt weiches und saures Wasser, sind aber auf die sekundären positiven Effekte des Schwarzwassers wie z.B. auf die geringe Keimdichte angewiesen. Diese Keimbelastung stellt aber möglicherweise für die Gesundheit der Schwarzwasserfische eine weitaus größere Bedrohung dar als der niedrige pH und die Ionenarmut. Inwiefern Schwarzwasserfische in extrem keimarmem Leitungswasser genauso gut (oder eventuelle sogar noch besser?) existieren können wie im künstlich hergestellten Schwarzwasser bedarf genauer verlässlicher und reproduzierbarer Untersuchungen. Möglicherweise ist die Keimdichte im Aquarienwasser eine der wichtigsten, bisher vernachlässigten Wasserparameter für die Pflege unserer Fische.
Wissenschaftlich betrachtet spricht demnach absolut nichts dagegen, Fische, die ursprünglich aus Weichwassergebieten stammen, auch in deutlich ionenreicherem Wasser zu halten, falls es auch mit anderen Möglichkeiten als durch Reduktion der Ionenkonzentration, niedrigen pH-Werten und Zugabe von Huminsäuren möglich ist, die Belastung durch Keime und Abbauprodukte sehr gering zu halten. Um nicht missverstanden zu werden: Man kann die „natürlichen“ Wasserbedingungen im Aquarium nachahmen und kommt mit „Schwarzwasserbecken“ sicher seltener in Probleme durch Keimbelastungen. Das sollte aber nicht dazu führen, die Wasserhygiene bzw. den Wasserwechsel zu vernachlässigen.
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