Zahlreiche Bundesverbände für Tierhaltung, Tierzucht, Tierhandel, Artenschutz und Tierärzteschaft – darunter auch der VDA – haben heute Vormittag ein gemeinsames Positionspapier an die zuständigen Personen im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaftversendet. Konkret ging das Dokument an Bundesminister Özdemir, die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Nick, an Prof. Dr. Dr. Schick und Dr. Kluge sowie den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, den Umweltausschuss und den Bundesbeauftragten für Tierschutz.
Was sind die Ziele des Positionspapiers?
Das gemeinsame Positionspapier setzt sich für mehr Tierwohl und Tierschutz in Deutschland ein. Ziel der Allianz ist es, eine sachkundige, respektvolle und verantwortungsvolle Haltung und Zucht von Haus-, Heim-, Wild- und Nutztieren zu fördern. Die Bundesverbände repräsentieren hunderttausende Mitglieder, die Millionen von Tieren pflegen oder behandeln, sie können auf jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit Tieren zurückblicken.
Wie soll das Verhältnis zwischen Mensch und Tier gefördert werden?
Das Positionspapier betont, dass reale Erfahrungen von Menschen mit Tieren eine positive Wirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung und das soziale Miteinander haben können. Die Freude am Umgang mit Tieren soll mit der artgerechten Pflege und Zucht der Tiere in Einklang gebracht werden, um einer zunehmenden Entfremdung von Mensch und Tier entgegenzuwirken. Dabei wird ausdrücklich eine „Ermöglichungskultur“ gefordert, welche die sachkundige Tierhaltung in Deutschland unterstützt.
Welche Position vertritt das Bündnis zur Positivliste?
Die Verbände sprechen sich deutlich gegen die Einführung einer sogenannten Positivliste aus, die bestimmte Tierarten für die Haltung freigeben würde. Diese Liste trage nicht zur Verbesserung des Tierschutzes bei, wie die EXOPET-Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigt. Stattdessen sei entscheidend, dass Tiere verantwortungsbewusst und ihren Bedürfnissen entsprechend gehalten werden.
Wie bewerten die Verbände die Novellierung des Tierschutzgesetzes?
Die Allianz begrüßt die Novellierung des deutschen Tierschutzgesetzes grundsätzlich und unterstützt die Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Erkenntnisse. Neben rechtlichen Änderungen sehen die Verbände jedoch das Hauptproblem in der unzureichenden Umsetzung bestehender Gesetze, insbesondere durch fehlende personelle Ressourcen. Ein Ausbau der Kapazitäten in den zuständigen Behörden wird als notwendig erachtet, um den Tierschutz effektiv zu gewährleisten.
Welche weiteren Maßnahmen schlagen die Verbände vor?
Im Rahmen der Gesetzesnovellierung fordern die Verbände auch eine zeitnahe Aktualisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes (AVV), um für Rechtssicherheit bei Behörden und Tierhaltern zu sorgen. Sie bieten ihre Expertise an, um die Novellierung des Tierschutzes zu unterstützen.
Wer steht hinter dem Positionspapier?
Das Positionspapier wird von einer Vielzahl von Organisationen unterstützt, darunter der Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter, die Deutsche Tierpark-Gesellschaft, die Bundestierärztekammer und der Verband Deutscher Falkner. Insgesamt sind über 40 Organisationen an diesem Positionspapier beteiligt, die sich allesamt für einen sachgerechten Tierschutz und die Förderung einer verantwortungsbewussten Tierhaltung einsetzen.
Wie lautet der konkrete Wortlaut des Positionspapiers?
„Die unterzeichnenden Verbände sind eine Allianz von Bundesverbänden für Tierhaltung, Tierzucht,
Tierhandel, Artenschutz und Tierärzteschaft und stehen für eine sachkundige und wertschätzende
Haltung und Zucht von Tieren in Deutschland. Wir repräsentieren hunderttausende Mitglieder, die
Millionen von Tieren in ihrer Obhut pflegen oder kurieren. Durch die Gemeinschaft in unseren
Verbänden verfügen wir überjahrzehntelange, praktische Erfahrung und Expertise in der Tierhaltung,
im Tierschutz und auch im Schutz der Biodiversität.
Die Verantwortung für das Tier und dessen Wohlbefinden steht für uns an erster Stelle. Wir sind der
Überzeugung, dass für uns Menschen reale Erfahrungen mit Tieren eine positive Auswirkung auf die
Persönlichkeitsentwicklung des Menschen, auf die individuelle Zufriedenheit sowie für das soziale
Miteinander haben können. Die Freude des Menschen am Beobachten und Zusammenleben mit Tieren
lässt sich gut mit der Erfüllung der Bedürfnisse der Tiere vereinbaren. Unser Ziel ist eine Gesellschaft,
in der Menschen die unterschiedlichsten Tierarten erleben, halten oder züchten können – und dabei
in höchstem Maße sachkundig, respekt- und verantwortungsvoll mit den Tieren umgehen. Damit
wirken wir einer weiteren Entfremdung von Mensch und Tier entgegen. Wir setzen uns für eine
gesellschaftliche und politische Ermöglichungskultur in Deutschland ein, um die sachkundige,
bedürfnisgemäße und fürsorgliche Haltung und Zucht von Haus-, Heim-, Wild- und Nutztieren in
menschlicher Obhut zu erhalten und zu fördern. Wir folgen dem Konzept des pathozentrischen,
unteilbaren Tierschutzes und leiten Tierschutzrelevanz aus der Empfindsamkeit und Leidensfähigkeit
der Tiere ab. Somit kommt es allein darauf an, ob das Tier verantwortungsbewusst und seinen
Bedürfnissen entsprechend gehalten und gepflegt wird. Entsprechend lehnen wir eine sogenannte
Positivliste ab. Diese trägt nicht zur Verbesserung des Tierschutzes bei, wie bereits die EXOPET-Studie
des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft schlussfolgert. Auch sprechen vielfältige
juristische Gründe gegen die Einführung einer solchen Liste.
Bezüglich der aktuellen Überarbeitung des deutschen Tierschutzgesetzes merken wir an:
Wir begrüßen die Novellierung grundsätzlich und besonders im Hinblick auf die Berücksichtigung neuer
wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Erkenntnisse. Neben der Notwendigkeit rechtlicher
Änderungen ist es auch Realität, dass Tierschutzprobleme in den unterschiedlichen Haltungsformen
durch einen mangelnden Vollzug, in erster Linie durch mangelnde Personalressourcen, bereits
bestehender Gesetze und Verordnungen zustande kommen. Wir unterstützen, dass die
Bundesregierung im aktuellen Gesetzesentwurf pragmatische und lösungsorientierte
Gesetzesänderungen vorschlägt, die auf wissenschaftlicher Evidenz und Sachargumenten basieren und
die in der nachfolgenden Praxis kontrollierbar und vollziehbar sind. Hierzu ist aus unserer Sicht ein
Ausbau der fachkundigen, finanziellen und personellen Kapazitäten in den zuständigen Behörden
unumgänglich. Im Zuge der Novellierung des Tierschutzgesetzes möchten wir zudem für eine zeitnahe Aktualisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des TierSchG (AVV, derzeit aus dem Jahr 2000) werben, um bei Behörden und Tierhaltern für weitergehende Rechtssicherheit und einheitlichen Vollzug zu sorgen. Die unterzeichnenden Organisationen bieten hierfür gerne ihre Expertise an und stehen für weitere Rückfragen zur Verfügung.“