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Amazonas Nr. 87, 1/2020

Lesezeit: 5 Minuten

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Bei der Amazonas ist Kräftskiva! Wie bitte? Gut, dann nochmal auf Deutsch: es ist Krebsfest! Es ergibt sich nämlich sozusagen eine Art Jubiläum, denn das Titelthema der aktuellen Edition befasst sich mit Krebsen und die waren vor genau zehn Jahren – in der Januar/Februar-Ausgabe 2010 – schon einmal Titelthema in der Amazonas. Nun hat man sich also zu einer Neuauflage entschlossen und befasst sich abermals mit den gepanzerten Scherenträgern.

Für Chefredakteur Friedrich Bitter ist die Angelegenheit ein ganz klares Heimspiel. Denn immerhin ist er nicht nur selbst ein ausgewiesene Krebsexperte – vor allem für nordamerikanische Arten – sondern betreibt auch einen entsprechenden Online-Fachhandel für Wirbellose. So ist es auch nur folgerichtig, dass er selbst die Ausgabe eröffnet, mit einem Überblick über die Krebse aus dem Südosten der USA. In diesem Beitrag wird man nicht nur mit vielen seltenen und in der hiesigen Aquaristik weitestgehend ungewöhnlichen Arten bekannt gemacht, sondern bekommt diese auch gleich noch auf hervorragenden Fotoaufnahmen präsentiert. Für die Einsteiger und alle Fortgeschrittenen, die ihr Wissen nochmal auffrischen möchten, schließt der Chefredakteur gleich einen weiteren Artikel an, der das ABC der Krebshaltung und -vermehrung thematisiert.

In einem dritten Beitrag bespricht Friedrich Bitter die nordamerikanische Zwergkrebsgattung Cambarellus. Inhaltlich schließt er damit fast direkt an einen seinen Beitrag aus Heft 80 an, über „Nordamerikanische Zwergflusskrebse der Gattung Cambarellus“. Nur geht es diesmal nicht um die typischen Informationen zur Pflege und Vermehrung dieser kleinen Bodenbewohner, sondern um das Wirrwarr, welches teilweise durch verschiedene und nicht immer ganz gerechtfertigte Handelsbezeichnungen entsteht. Der Beitrag verdeutlicht auch, wie wichtig es ist, sich um eine möglichst korrekte Bezeichnung seiner Tiere zu bemühen, um chaotische Namensverhältnisse zu vermeiden. Man kann sich tatsächlich nur deutlich mehr dieser Artikel wünschen, welche auch einmal die anderen Dimensionen der Aquaristik in den Blick nehmen und etwa die Genese einer Art oder Gattung innerhalb der Aquaristik näher beleuchten und hinterfragen. Ebenfalls lobenswert ist auch das Interview mit dem Krebszüchter Markus Güsgen, denn Interviews mit Wirbellosenspezialisten gibt es in der aquaristischen Literatur erstaunlich wenige. Gerne auch mehr davon!

Trotz des Titelthemas kommen natürlich auch die Fische nicht zu kurz. Wobei hier die Bewertung durchaus durchwachsen ausfällt. Eher enttäuschend ist ein Beitrag über „Buntbarsche aus dem Tanganjikasee“. Zugegebenermaßen ist über diese populären Fische schon viel gesagt und geschrieben worden und es ist sicherlich schwieriger hier mit echten Neuigkeiten oder originellen Erkenntnissen um die Ecke zu kommen. Aber dem Text von Rüdiger Schäfer fehlt ein gewisser „roter Faden“ und er wirkt eher wie eine willkürlich getroffene Auswahl von Fischen und Ansammlung von verschiedenen oberflächlichen Informationen. Zudem werden ganz überwiegend Standardarten besprochen, die schon häufig Thema in Aquarienzeitschriften sind und waren. So spricht der Beitrag leider weder den Einsteiger noch den Tanganjikaexperten wirklich an. Dass der Artikel zudem mit Stockfotos „gepimpt“ worden ist, erscheint eigentlich unnötig und gereicht ihm ebenfalls nicht unbedingt zur Ehre.

Erfreulicher fällt dagegen ein Beitrag über den altbekannten Harnischwels Rhineloricaria lanceolata auf. Wann immer Norman Behr zur Feder greift, kann man fast sicher sein, dass es um einen flachen, länglichen Wels mit Saugmaul gehen wird – und so ist es auch diesmal. Zusammen mit Co-Autorin Anja Katzschmann berichtet er fundiert über den aquaristischen und taxonomischen Sachstand des im Hobby gut bekannten „Schokoladenbraunen Hexenwelses“. Freunde eben jener flachen Saug- und weiterer Welse, kommen übrigens auch in einem Artikel über die Fischwelt des kolumbianischen Río Bodoquero auf ihre Kosten.

Persönlich besonders erfreut, hat mich ein weiterer Artikel von Friedrich Bitter über die nordamerikanische Gattung Pteronotropis. Es ist gar nicht so leicht diese Fische auf Deutsch zu bezeichnen, die im englischsprachigen Raum als sogenannte „Shiner“ bekannt sind. Dabei handelt es sich aber keineswegs um eine taxonomisch einheitliche Gruppe, sondern vielmehr um verschiedene kleinbleibende, freischwimmende Karpfenfische mit glänzenden Schuppen oder leuchtenden Farben, die oftmals zur typischen Balzfärbung gehören. Hierzulande werden solche Fische eingedeutscht oft als „Orfen“ oder „Elritzen“ bezeichnet (z. B. die Amerikanische Rotflossenorfe, Cyprinella lutrensis, oder die beliebte Regenbogenelritze, Notropis chrosomus) und tatsächlich gleicht ihre Gestalt, Lebensweise und laichzeitliche Umfärbung vielfach der einheimischen Elritze (Phoxinus phoxinus). Im Prinzip können sie aber ökologisch auch als Pendant zu einheimischen karpfenartigen Kleinfischen wie Moderlieschen (Leucaspius delineatus), Ukelei (Alburnus alburnus), Schneider (Alburnoides bipunctatus) oder Strömer (Telestes souffia) angesehen werden. Wahrscheinlich wäre es am einfachsten, die Bezeichnung „Shiner“ schlicht zu übernehmen. In jedem Fall wird über diese nordamerikanischen Karpfenzwerge viel zu selten in der deutschsprachigen Aquaristikliteratur berichtet, sodass es besonders zu begrüßen ist, wenn einmal über Traumfische wie den Blaunasen-Shiner Pteronotropis welaka zu lesen ist. Untermalt ist der Beitrag außerdem unter anderem von herausragenden Fotoaufnahmen des US-amerikanischen Naturfotografen Isaac Szabo, die einem wirklich Freude machen. Bleibt also nur noch eine Frage: wo bitte bekommt man diese Schönheiten hierzulande?

Zum guten Schluss bleibt noch zu erwähnen, dass die Amazonas diesmal auch einen besonders großen Bastelteil mit gleich zwei Texten zum Bau eines Unterschrankgestells wie auch einer Fliegenfalle bereithält und noch einige weitere Beiträge. Insgesamt ist es eine überzeugende Ausgabe geworden mit einzelnen Highlights. Wer angesichts des Titelthemas auf Berichte zu bunten Cherax-Arten gehofft hat, wird möglicherweise etwas enttäuscht sein. Dafür werden aber vor allem Nordamerikafreunde entzückt sein und auch Welsliebhaber haben einiges zu lesen.

Die aktuelle Ausgabe ist hier zu finden.

Rezensent: Ole Arnold Schneider

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