Die Angst vor DSGVO-Abmahnwellen
Immer wieder prophezeihen Bedenkenträger und sogenannte Datenschutzexperten „mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) drohe eine Abmahnungswelle“. Es ist richtig die ersten Fälle sind nun tatsächlich eingetreten – doch ob die große Welle noch kommt, kann niemand voraussagen.
Abmahnung? Klingt nicht gut
Das Schreckgespenst Abmahnung ist primär aus dem Arbeitsrecht bekannt. Dahinter steckt: Verletzt ein Arbeitnehmer z. B. seine Vertragspflichten oder verstößt gegen Gesetze, kann er vom Arbeitgeber eine Abmahnung kassieren – die Vorstufe zu einer Kündigung. Eine Abmahnung kann aber auch ein Unternehmen als Verantwortlichem bei der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten treffen. Und auch in diesem Zusammenhang kann eine Abmahnung unangenehme Folgen haben.
Was hinter einer Abmahnung steckt
Flattert eine Abmahnung aufgrund eines Datenschutzverstoßes ins Haus, bedeutet das: Es wird Ihrem Unternehmen als Verantwortlichem die Verletzung eines Rechts vorgeworfen. Doch meistens nicht nur das: Die Abmahnung enthält auch die Aufforderung, diese Verletzung – also etwa die Ursache des Datenschutzverstoßes – zu beseitigen und in Zukunft nicht zu wiederholen, sprich, die verletzende Handlung zu unterlassen. Zu diesem Zweck soll der „Verletzer des Rechts“ eine sogenannte Unterlassungserklärung unterschreiben. Mit seiner Unterschrift verpflichtet er sich, Sorge dafür zu tragen, dass der Verstoß zukünftig nicht wieder vorkommt. Ansonsten kommt es zur Vertragsverletzung, die die Zahlung einer Strafe an den Abmahnenden zur Folge hat.
Das bedeutet: Reagiert Ihr Unternehmen in einem solchen Fall mit Panik und unterschreibt die vorformulierte Erklärung, könnte es teuer werden.
Verzichtet Ihr Unternehmen auf die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung, kann der Abmahnende den Unterlassungsanspruch per einstweiliger Verfügung oder Unterlassungsklage gerichtlich geltend machen.
Wichtig: Rechtsanwalt konsultieren
Unterlassungserklärungen sind ein hochkomplexes Thema. Wird ggf. zu viel zugestanden, lässt sich das im Nachhinein kaum noch ändern. Um die Erklärung richtig einzuordnen und zu bewerten, ist meist der Rat eines Rechtsanwalts unerlässlich.Geben Sie diesen Hinweis insbesondere dann, wenn man das „Problem“ schnell vom Tisch schaffen will und an die sofortige Unterzeichnung der der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung denkt.
Wer kann was abmahnen?
Grundsätzlich gilt: Abmahnungen können entweder nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) oder auf Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erfolgen.
1. Unterlassungsklagengesetz (UklaG)
Das Thema Datenschutz ist seit Anfang 2016 auch vom UKlaG erfasst. Seitdem können Unternehmen auch wegen des unerlaubten Umgangs mit personenbezogenen Daten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Durch die Aufnahme des Datenschutzrechts soll eine effektivere Durchsetzung im Bereich des Verbraucherschutzes erreicht werden, indem Datenschutzverstöße schneller und einfacher geahndet werden können.
Wer: Nicht jeder kann nach dem UKlaG die Einhaltung des Datenschutzes bei Ihrem Unternehmen beanstanden. Zum einen muss es sich um eine anspruchsberechtigte Stelle handeln. Wer anspruchsberechtigt ist, ergibt sich aus § 3 Abs. 1 UKlaG. Dort sind Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen und qualifizierte Einrichtungen genannt. Zu Letzteren zählen beispielsweise auch einige Verbrauchervereine und -verbände. In Art. 80 Abs. 1 DSGVO ist geregelt, dass Betroffene diese Einrichtungen nutzen können, um gegen „Verletzer“ ihrer Rechte vorzugehen und auch Schadensersatzansprüche gemäß Art. 82 DSGVO geltend zu machen.
Was: Zum einen muss es sich um personenbezogene Daten von Verbrauchern handeln. Darunter fallen nach § 13 Bürgerliches Gesetzbuch natürliche Personen, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließen, die überwiegend weder zu ihrer gewerblichen noch zu ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zu rechnen sind.
Bei personenbezogenen Daten von Freiberuflern, Handwerkern oder Gewerbetreibenden ist eine Inanspruchnahme nach dem UKlaG nicht möglich. Außerdem kommt es bei der Verarbeitung der personenbezogenen Daten auf den Zweck an. Der Anwendungsbereich des UKlaG ist nur dann eröffnet, wenn beispielsweise Werbung, Markt- und Meinungsforschung das Betreiben einer Auskunftei, das Erstellen von Persönlichkeits- und Nutzungsprofilen oder vergleichbare kommerzielle Zwecke verfolgt werden.
2. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Abmahnungen können auch aufgrund eines Verstoßes gegen die Regelungen des UWG erfolgen.
Wer: Dahinter stecken meistens Rechtsanwälte, die etwa von einem Konkurrenten für die Abmahnung von Wettbewerbern beauftragt wurden.Anspruchsberechtigt sind dabei diejenigen Marktteilnehmer, die in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen, sprich, im gleichen Geschäftsfeld und der gleichen Region aktiv sind. Auskunft darüber kann etwa Ihre zuständige Industrie- und Handelskammer geben.
Was: Voraussetzung dafür, dass der Verstoß über das Wettbewerbsrecht verfolgt werden kann ist, dass es sich dabei um eine Verletzung einer sogenannten Marktverhaltensregelung gemäß § 3a UWG handelt. Gerichte beurteilen es unterschiedlich, ob Datenschutzvorschriften als Marktverhaltensregeln anzusehen sind. Vor Geltung der DSGVO ging der Trend der Gerichte dahin, dies zu bejahen.
Derzeit ist das letztlich aber wieder eine offene Frage.
Höchstrichterliche Rechtsprechung ist – wie bei so vielen Datenschutzfragen – nicht verfügbar.
Entnommen dem Datenschutz Ticker vom 11.7.2018 Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG,Theodor-Heuss-Straße