Neues spanisches Tierschutz-Gesetz erschwert Terraristik

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Mit dem neuen spanischen Tierschutzgesetz vom 28. März 2023, das am 29. September in Kraft treten wird, ist neben einigen Verbesserungen für den Tierschutz (ausgenommen für beispielsweise Jagd- und Wachhunde) auch mit schwer vorhersehbaren Folgen für die Haltung von Terrarientieren in Spanien zu rechnen (Jefatura del Estado 2023). Denn das Gesetz sieht unter anderem die Einführung einer Positivliste für Heimtiere in Spanien vor (ebd.: S. 7). Alle Tierarten, die nicht auf der noch zu erstellenden Positivliste aufgeführt sein werden, dürfen dann nach den in den Übergangsregelungen genannten Fristen in der Regel nicht mehr als Heimtiere in Spanien gehalten werden (ebd.: S. 48-50). Eine Liste mit erlaubten Heimtieren, die bereits in diesem Gesetz existiert, umfasst neben „Hunden, Katzen und Frettchen“, ehemaligen Nutztieren und Vögeln für die Falknerei auch Aquarientiere, sofern diese nicht als invasiv oder geschützt eingestuft sind und „Haustiere, die zu den Arten gehören, die traditionell und gewöhnlich vom Menschen gezüchtet und gehalten werden, um im Haushalt zu leben […]“ (Jefatura del Estado 2003: S. 11 und Jefatura del Estado 2023: S. 29).

Auslegbare Kriterien

Wichtig ist an dieser Stelle der Unterschied zwischen Haus- und Heimtieren. Erstere werden durch die zitierte Definition im Gesetz von 2003 definiert, letztere umfassen in dem neuen Gesetz von 2023 Tiere, die in die Positivliste der Heimtiere aufgenommen werden, darunter auch Haustiere (Jefatura del Estado 2023: S. 29). Terrarientiere hingegen können in Spanien nach diesem Gesetz allerdings nur noch als Heimtiere gehalten werden, wenn sie zu den Haustieren gemäß der obengenannten Definition aus dem Gesetz von 2003 gehören, ihre Spezies in die noch zu erstellende Positivliste der Heimtiere aufgenommen oder sie Wildtierarten angehören, die von den neuen Bestimmungen ausgenommen werden (ebd.: S. 28 f.). Die Aufnahme in die Positivliste der Heimtiere muss aber eventuell erst beantragt werden. Zudem ist fraglich, wie die Kriterien, die gegen eine Aufnahme in diese Liste sprechen, genau ausgelegt werden. So werden beispielsweise Tierarten, die eine Gefahr für Menschen und andere Tiere darstellen können, nicht in die Positivliste aufgenommen werden. Dies schließt streng genommen nahezu alle Tierarten und insbesondere giftige Tierarten aus. Glücklicherweise stellt das Gesetz auch klar, dass die neuen Regelungen in keinem Fall zur Tötung eines Tieres führen dürfen, nur weil es nicht mehr erlaubt ist, dieses in Spanien als Heimtier zu halten (ebd.: S. 29 f.).

Das spanische Gesetz im Detail

Bis die entsprechende Positivliste veröffentlicht wird (es wird jeweils eine für Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien, Reptilien, und wirbellose Tiere geben), dürfen nach Inkrafttreten des Gesetzes unter anderem folgende für die Aquaristik und Terraristik in Spanien möglicherweise relevante Tierarten nicht gehalten werden:

„1. Gliederfüßer, Fische und Amphibien, deren Biss oder Gift eine ernste Gefahr für die körperliche Unversehrtheit oder die Gesundheit von Menschen und Tieren darstellen kann.

2. Giftige Reptilien und alle Reptilienarten mit einem Gewicht von mehr als zwei Kilogramm im ausgewachsenen Zustand […]“ (ebd.: S. 48 f.).

Für Heimtiere, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes als solche „gehalten, gezüchtet oder vermarktet“ wurden und die wildlebenden Arten angehören, auf die die obenstehenden Kriterien nicht zutreffen, gelten bis zur Veröffentlichung der entsprechenden Positivliste die Regelungen für Heimtiere. Ist die sie betreffende Positivliste genehmigt und die Art der betreffenden Tiere nicht darin aufgeführt, dürfen diese außer in Ausnahmefällen nicht mehr „gehalten, gehandelt oder gezüchtet“ werden. Für sie muss innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung der Positivliste eine Ausnahmegenehmigung für ihre Haltung beantragt werden, wobei ihre artgerechte Haltung sowie ihre Anschaffung beziehungsweise Haltung als Heimtier vor Inkrafttreten der entsprechenden Positivliste nachgewiesen werden muss. Von diesen Regelungen ausgenommen sind Vögel für die Falknerei und Aquarientiere, die weder als invasiv noch geschützt gelten oder zu den verbotenen Tierarten zählen (ebd.: S. 50).

Registrierung als Zuchtvoraussetzung

Eine weitere Einschränkung für die Halterinnen und Halter von Heimtieren in Spanien ist, dass diese nach Inkrafttreten des neuen Tierschutzgesetzes nur von registrierten Züchtern und Züchterinnen gezüchtet werden dürfen. Alle anderen Halterinnen und Halter dieser Tiere sind verpflichtet, die unkontrollierte Vermehrung ihrer Tiere zu verhindern, eine ungenehmigte Zucht ist gemäß diesem Gesetz verboten (ebd.: S. 25 und S. 36). Zudem ist laut dem neuen Tierschutzgesetz der Verkauf von Heimtieren, für die kein Identifikationssystem existiert, nur noch in Zoohandlungen erlaubt (ebd.: S. 36). Das Gesetz enthält noch zahlreiche weitere Regeln zu beispielsweise Dokumentation, Identifikation und Haltung von Heimtieren, deren Einhaltung mit erheblichem Aufwand verbunden sein dürfte (Jefatura del Estado 2023).

Bedeutung für die deutsche Terraristik-Szene

Die Einführung einer Positivliste für Heimtiere ist auch in Deutschland wahrscheinlich (ebd.: S. 7). Es gilt daher, die Entwicklungen in Spanien aufmerksam zu beobachten und zu verhindern, dass unbeabsichtigte Nachteile für den Tierschutz, den Umweltschutz und die Gesellschaft entstehen. Das neue Tierschutzgesetz Spaniens scheint eher warmblütigen Tieren wie Hunden, Katzen und Frettchen gerecht zu werden, von denen meist nur eine geringe Zahl an Individuen gehalten wird und für die die neuen Regelungen zu Dokumentation, Haltung und Zucht durchaus sinnvoll sind. Gerade jetzt sollte an einer besseren Informationslage zu Aquarien- und Terrarientieren sowohl für die breite Öffentlichkeit als auch für Politikerinnen und Politiker gearbeitet werden, um sachlich unbegründete Einschränkungen zu verhindern und wirksame Verbesserungen für Tier- und Naturschutz zu erreichen, wo diese möglich sind.

Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keine Rechtsberatung. Bei juristischen Fragen sollte der Rat einer Expertin oder eines Experten eingeholt werden. Links zu den zitierten Gesetzestexten befinden sich in der untenstehenden Literaturliste.

Text: Katja Frank

Verwendete Literatur:

Textautor:
Nicolas von Lettow-Vorbeck M.A. 
VDA-Referatsleiter Medien
Pressekontakt:
Telefon: +49 157 88691949 
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