Der Edelkrebs (Astacus astacus) ist die größte einheimische Flusskrebsart in Deutschland. Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von bis zu 20 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 350 Gramm ist er ein eindrucksvoller Bewohner unserer Bäche, Flüsse und Seen. Besonders faszinierend ist sein Wachstum: Um größer zu werden, sprengt er in regelmäßigen Abständen seinen alten Panzer, unter dem sich bereits ein neuer gebildet hat. Während der drei Tage nach jeder Häutung ist der Krebs noch ganz weich und sehr verletzlich – in dieser Zeit werden die Tiere auch „Butterkrebse“ genannt. Bei guter Lebensgrundlage können Edelkrebse ein Alter von bis zu 20 Jahren erreichen.
Lebensweise und Rolle im Ökosystem
Wie alle Zehnfußkrebse besitzt der Edelkrebs fünf Schreitbeine auf jeder Seite, wobei das vorderste Paar zu kräftigen Scheren umgebildet ist. Sie dienen nicht nur zum Zerkleinern von Nahrung, sondern auch zur Verteidigung und bei Rivalenkämpfen. Edelkrebse sind überwiegend nachtaktiv und verbringen den Tag in Höhlen, unter Wurzeln oder zwischen Steinen. Als Allesfresser übernehmen sie eine wichtige Aufgabe im Ökosystem. Sie fressen sowohl Pflanzenreste als auch kranke und schwache Fische. Dadurch tragen sie wesentlich zur Gewässerhygiene bei – nicht umsonst bezeichnet man sie auch als die „Polizei der Gewässer“.
Vom Massenbewohner zur Seltenheit
Noch vor rund 140 Jahren waren Edel-, Stein- und Dohlenkrebse bei uns in Deutschland weit verbreitet. In vielen Regionen bildeten sie stabile Bestände und gehörten zum alltäglichen Bild in Flüssen, Bächen und Teichen. Aufgrund ihres wohlschmeckenden Fleisches waren sie ein beliebtes Nahrungsmittel und wurden intensiv gefangen und gehandelt. Heute sind die Bestände dramatisch eingebrochen. Ursachen sind vor allem die Verschmutzung und der Ausbau von Gewässern, aber auch die sogenannte Krebspest – eine für heimische Flusskrebse tödliche Pilzerkrankung. Diese Krankheit wurde mit amerikanischen Krebsarten eingeschleppt, die selbst resistent sind, die Seuche aber weitertragen. Zusätzlich stellen die gebietsfremden Arten eine starke Konkurrenz dar: Sie sind robuster, vermehren sich schneller und verdrängen die einheimischen Verwandten.
Gefährdung und Schutzmaßnahmen
Nach aktuellen Erkenntnissen stehen alle drei einheimischen Flusskrebsarten kurz davor, in der Roten Liste als „Stark gefährdet“ oder gar „Vom Aussterben bedroht“ eingestuft zu werden. Um ihre Ausbreitung zu sichern, werden in manchen Gewässern sogenannte Krebssperren eingebaut. Diese verhindern, dass invasive Arten weiter wandern, lassen aber anderen Wasserbewohnern wie Fischen den Durchgang offen. Darüber hinaus wird der Edelkrebs inzwischen in speziellen Zuchtanlagen gehalten, um seinen Bestand zu sichern. Zwar erfüllt dies die Nachfrage der Gastronomie, doch der Arterhalt in freier Wildbahn bleibt ein großes Problem – auch, weil die genetische Vielfalt lokaler Populationen in der Zucht kaum berücksichtigt wird.
Ein Blick in die Zukunft
Die Zukunft des Edelkrebses und seiner Verwandten hängt stark davon ab, wie konsequent Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. Wahrscheinlich werden sie langfristig nur in isolierten, von invasiven Arten abgeschotteten Gewässern überleben können. Damit dieser gepanzerte Gewässerwächter nicht endgültig verschwindet, braucht es weiterhin gezielte Schutzprojekte, viele Forschung und die Aufklärung der breiten Öffentlichkeit.
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